“STYRKEPROVEN” auf dtsch. “Die große Herausforderung”

so wird er genannt, der Radmarathon

 

Trondheim - Oslo

 

 

542 Km / 4000 HM / höchster Punkt Hjerkinn 1.100 m / 6.500 Starter.

 

Damit gehört dieser Marathon zu den größten Langstrecklern Europas. In Skandinavien gehört er sicher zu den Highlights, denn die sagen “Wenn Du ein richtiger Mann sein willst, dann fährst Du den “STYRKEPROVEN”. Na ja, dass ist Ansichtssache, gibt es doch bei uns den Ötztaler u.a. schwierige Herausforderungen….

Gut, wir wollten halt auch richtige Männer werden und so brachen die VCS´ler Andi Gerlsbeck, Dieter Baur, Wieland Kahl, Ulli Schober und unser Begleitautofahrer Wolfgang Reimer, am Donnerstag den 26.6. 2014 zu dieser Herausforderung auf.

Über Amsterdam gelangten wir mittags nach Trondheim um dort festzustellen, dass das gesamte Gepäck, bis auf Andi seines der aus München anreiste, in Amsterdam stehen geblieben ist und uns, lt. Lost & Found ,bis 16 Uhr ins Hotel nachgeliefert wird. Auch gut dachten wir, denn wir hätten sowieso mehrmals mit dem am Flughafen georderten Wagen (Skoda Superb Kombi) nach Trondheim wegen der Räder fahren müssen. So haben wir Andis Koffer samt Rad verladen und fuhren die 30 Km gemütlich nach Trondheim.

Im modernen Hotel Rica Nidelven, mitten im alten Hafengebiet, waren die Zimmer sowieso noch nicht belegbar also begaben wir uns mal schnell zur Hotelbar um sich ein Willkommensbier zu leisten. Zu leisten ist der richtige Ausdruck denn € 12 für ein Bier waren nur ein Ausblick was uns preislich in Norwegen erwartete. Aber der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier und so flossen die norwegischen Kronen in Zukunft flott dahin….

Unser Gepäck kam natürlich nicht um 16 sondern erst am nächsten Tag (Freitag) um 13 Uhr im Hotel an. Aber wir waren froh die Räder überhaupt zu bekommen wollten wir ja noch freitags eine kleine Runde drehen, bevor unser Start am Samstag um 9 Uhr stattfindet. So “sattelten” wir unsere Räder und fuhren durch die Stadt den Spuren des Marathons folgend, der zum größten Teil auf der E9 (eine Mischung aus Autobahn, Auto-und Landstrasse) stattfindet. Da die E9 aber nur zum Marathon radmäßig befahrbar ist, machten wir nach kurzer Fahrt einen Abstecher in das bewaldete und hügelige Umland und kamen bei 35 Km auch gleich mal auf 400 Hm. Trondheim, etwa in der Mitte Norwegens (5,6 Mio. Ew/385.000 km2 groß, Österreich 8,5 Mio Ew, 84.000 km2 groß) gelegen, hat 180.000 Einwohner und liegt am Trondheimer Fjord. Eine idyllische Kleinstadt mit einem alten Hafen der auf modern getrimmt wurde. Alt und modern vermischt sich hier sichtlich auf harmonische Weise.

Im Hotel zurück, gingen wir mal schnell in eine (leistbare) Pizzeria um am Abend den ersten Startern zuzuschauen um bei dieser Gelegenheit auch gleich die (leeren) Radkoffer im LKW zu verstauen, der diese nach Oslo bringen wird.

Die Startreihenfolge sieht vor, dass langsame Fahrer (bis 38 Std.) ab Freitag 22 Uhr bis 24 Uhr starten.Dann am Samstag ab 6 - 10 Uhr die schnelleren, bzw. den schnellsten die die Strecke unter 18 Stunden bewältigen wollen. Unsere Einschätzung so um die 22 Stunden zu benötigen, erlaubte uns den Start Samstag 9 Uhr. Der Zielschluss in Oslo für alle 6.500 Teilnehmer ist jedenfalls Sonntag um 12 Uhr. Nach dieser Zeit einlangende Teilnehmer werden nicht mehr gewertet, wohl aber von der hervorragenden Organisation betreut! Nicht alle 6.500 starten ab Trondheim direkt , denn es gibt auf der Strecke 4 Einstiegstellen (auf 540 Km aufgeteilt) für jeneTeilnehmer, die halt nur “halbe Männer” werden wollen.

Freitag Nacht, was heißt Nacht, es war bis 1 Uhr Taghell,und dann dämmrig ,das war es auch schon. Eigentlich schliefen wir überraschend gut um sich am Samstag in das neue VCS G´wand zu “schmeißen” und gemütlich zum in der Nähe des Hotels befindlichen Starts zu rollen. In Gruppen zu 5 Minuten starteten wir zu unserer gewählten Zeit um 9 Uhr. Es ging vollkommen ruhig und ohne Hektik zu, ganz anders als bei unseren nationalen Marathons. Wolfgang schoß noch ein paar Fotos und ab ging es.

In unserer Gruppe (ca. 50 Starter) war auch das deutsche Vitago Team bei denen wir uns als RV Veloclub Simmering unterangemeldet hatten. Dafür bekamen wir im Vorfeld einige gute Tipps vom Chef der Gruppe. Diese Gruppe wollte unter 18 Stunden die Strecke bewältigen und hatte auf der gesamten Strecke ihre personenbezogenen Plastikboxen aufgestellt, also machten “fliegende” Rastpausen. Damit entgingen sie herrlichen 10 verschiedenen (heißen) Suppen, 10 herrlichen Kaffees samt Kuchen und Brötchen die auf eben so vielen hervorragend geführten Labestellen die Strecke “säumten”. Uns war Zeit wichtig OK, aber wichtiger war uns, rechtzeitig zu pausieren, und als 4er Team zusammenzubleiben und nicht halbtot in Oslo anzukommen…..

Bei gutem Wetter aber starkem Gegenwind (dieser begleitete uns auf 400 Km) erreichten wir nach 60 Km die erste Labe Soknedal um nach weiteren 40 Km, vor dem langen Aufstieg zum höchsten Punkt Hjerkinn (1.100 m), zur Labe Oppdal zu gelangen. Noch war die Gruppe zusammen wir 4 sowieso, denn wir fuhren Kräfteschonend so ziemlich am Schluss und ließen das Vitago Team, wenn schon denn schon, die “Pace” machen. Nach einer 30 Km langen Auffahrt so immer bei 5-8% am Plateau angekommen, erwartete uns am Plateau eine 20 Km lange leicht hügelige und stark windige Strecke um schließlich nach gesamt 170 Km Fahrt , in Dombas , zur nächsten Labe zu kommen. Da sich Dombas erst in der Mitte der ca. 70 Km langen Abfahrt befand, zogen wir uns etwas wärmer an, denn es war mittlerweile 16 Uhr und kalt (8 Grad), geworden. Da hat sich wieder Wolfgang unser Begleiter super bewährt.

In Dombas die beste heiße Suppe aller Suppen, nämlich Kartoffeln mit Fleischstückchen gerade zur richtigen Zeit. Und das Andi aus seinem Rucksack noch 3 kleine Dosen Bier “zauberte” sei nebenbei auch erwähnt. Das Motto “kein Bier vor 4” wurde also erfüllt…

Immer wieder fuhren wir anschliessend auf Gruppen auf oder wurden von Gruppen überholt. Das Vitago Team hatte sich auch schon ein bisschen “zertrümmert” so wie wir es eigentlich schon ahnten.

Es war nun ein stetiger Wechsel an Gruppen und Teilnehmern zu erkennen denn es ging mittlerweile nicht mehr vorrangig um strategische Vorhaben sondern eher um den physischen Zustand nach mittlerweile 270 Km, die wir in der Labe Kvam, erreichten. Wir wussten, dass wir das gröbste hinter uns hatten denn es lag jetzt “nur” noch hügeliges Gelände (ähnlich wie bei uns im Waldviertel) vor uns. Entsprechend motiviert und mit dem Wissen die nächste Labe Kvitfjell ist bei Km 320 , ging es flott voran. Mittlerweile hatten wir uns kleinen Gruppen angeschlossen und mussten natürlich auch entsprechende Führungsarbeit leisten. Das Tempo sollte nie unter 30 fallen was uns bei unserer geleisteten Arbeit, trotz noch immer heftigen Gegenwind, auch recht gut gelang.

Die norwegische Landschaft ist zu vergleichen mit unserem Wein-und Waldviertel sowie dem bergigen und seenreichen Salzkammergut. Dichter endloser Wald und gepflegte kleine Dörfer säumten die Strecke. Wunderschön!

Durch die stetige Führungsarbeit etwas erschöpft, erreichten wir Kvitfjell um uns dort mit einer Fisolensuppe und Marmeladebrötchen zu stärken. Auch wollten wir unsere Wasserflaschen mit Powerbar etc. aus dem Auto auffüllen. Aber wo war Wolfgang? Es stellte sich heraus, dass er die etwas abseits gelegene Ausfahrt zur Labestelle versäumt hatte und uns krampfhaft auf der Strecke suchte. Nach einer ½ stündigen Wartezeit, entschlossen wir uns dann doch zur Weiterfahrt in der Hoffnung Wolfgang bei der nächsten Labe (Hillehammer) zu “erwischen”.

Aber, zugegeben, alle waren doch froh eine kleine (erzwungene) Extrarast zur Erholung gehabt zu haben.

Es wurde schon dämmrig, als wir nach 360 Km Lillehammer erreichten.

Lillehammer an einem schönen ca. 40 Km langen See gelegen, besticht durch die allseits bekannte riesengroße Sprungschanze, die mächtig das Gelände überragt. Mittlerweile hatte ein Sprühregen eingesetzt der aber nicht wirklich weh tat.

Bei der Labe “fanden” wir auch wieder Wolfgang der uns die Möglichkeit bot, trockene und wärmende Sachen überzuziehen.

In Hillehammer gönnten wir uns wieder eine ½ Stunde Pause wo wir vom Sanitätspersonal genau überprüft wurden (mit einem Blick in die Augen) und wo tatsächlich einige zu einer Zwangsschlafpause verdonnert wurden. Diese Prüfung bestanden wir mit Bravour wobei es einigen anders erging wie z.B. jenem Teilnehmer der mit dem Kopf vornüber in seinem Spaghettiteller lag….

Erfrischt, müde aber aufgebaut durch den Umstand, dass “nur” noch 180 Km vor uns lagen, setzten wir geschlossen unsere Fahrt fort. Mittlerweile, im Gegensatz zu Trondheim im hohen Norden, war es ziemlich finster um uns herum und so half uns unser mitgeführtes Radlicht recht gut über die Runden vor allem weil es stark hügelig wurde und die Abfahrten, auf eher kleinen Landstraßen mit grobem Asphalt, recht schnell absolviert wurden. Unser Wieland ,der Abfahrtsspezialist, lieferte sich schöne Abfahrtsrennen mit anderen Alphatieren aus der Gruppe.

Nach den Labestellen Gjovik (405 Km) und Skreia (430 Km) wurde es hell aber noch immer bewölkt. Das Tageslicht und die sich stetig verringerte Distanz beflügelte uns so sehr, dass wir das Tempo schön halten konnten. Unser 4er Team war noch immer kompakt, wir wechselten uns in unserer internen Führungsarbeit stetig ab. Wir blieben auch zusammen, wenn uns schnellere Gruppen überholten und der eine oder andere “Ausreissversuch” kollegial vermieden wurde.

Bei der Labe Eidsvoll (483 Km), bekamen wir eine herrlich Fischsuppe, die sogar dem Ulli (einem leidenschaftlichen Nicht-Fischesser) schmeckte.

30 Km vor dem Ziel hätte es noch die Labe Klofta gegeben die wir, in unserer Euphorie bald im Ziel zu sein, links liegen ließen.

Kurz vor Oslo, dann ein kleiner “Verfahrer” von Andi und Ulli die sich auf der Stadtautobahn dem Ziel nähern wollten aber Gott sei Dank noch von Wieland und Dieter “abgewunken” wurden.

Nach 22 Stunden, 42 Minuten (mit Pausen) und einer Nettozeit von 19 Stunden, 35 Minuten bei einem Schnitt von 28,04, fuhren wir in der Sportanlage Loren in Oslo, müde aber glücklich ein.

 

Alles in allem ein großartiges (etwas teures) Abenteuer mit vielen schönen Eindrücken in einer Welt in der es im Sommer nie ganz dunkel und im Winter nie ganz hell wird. Freundliche Menschen sowie hervorragende Betreuung prägte unsere Reise.

 

Den nächsten Tag verbrachten wir mit Stadtbesichtigung Oslos (600.000 Ew.) und brachen dann am Dienstag den 1.7. zur Heimreise auf.

Das 4er Team dankt allen unseren Freunden für die anfeuernde Anteilnahme und die aufmunternden Worte die uns in diesen, manchmal doch schweren Stunden entgegengebracht wurde.

Auch unserem Wolfgang mit dem Wissen, dass die Autobegleitung bei einem so langen Marathon mit so vielen Teilnehmer, eine sehr schwierige Angelegenheit ist.